Trainerin, Schiedsrichterin, Neu-Nationalspielerin – und nun auch noch Olympia-Kandidatin? Jana Berg vom Bundesligisten ABV Stuttgart ist in ihrer Sportart Lacrosse eine Allesmacherin.
Harald Landwehr
Das große Ziel heißt „Los Angeles 2028“. Bei den olympischen Sommerspielen in sechs Jahren will die Sportart Lacrosse wieder zum Programm des größten Sportereignisses der Welt gehören. Letztmals war das im Jahr 1908 in London der Fall. Die Chancen für die Rückkehr stehen nicht schlecht, schließlich gibt es in den USA und auch im Lacrosse-Ursprungsland Kanada mit verschiedenen Profi- und Collegeligen die entsprechenden TV-Märkte. Ob Jana Berg vom Degerlocher Bundesligisten ABV Stuttgart dann noch dabei wäre, ist fraglich, schließlich wird sie bis dahin 35 Jahre alt sein – ein bereits fortgeschritteneres Alter für Leistungssport. Den Traum von einer Teilnahme hat die Mittelfeldspielerin jedoch, immerhin gehört sie zu den Pionierinnen im neu entwickelten Format „Lacrosse Sixes“, einer Abwandlung des Originals, mit der der Weltverband ähnlich dem Vorbild Rugby die Chancen für eine Aufnahme erhöhen will.
„Die Variante Sixes hat weniger Spieler, eine kürzere Spielzeit und ist noch schneller und dynamischer. Das soll das Internationale Olympische Komitee überzeugen“, sagt Berg, die Lehrerin am Heidehofgymnasium im Stuttgarter Osten ist. Im November wurde sie als einzige Stuttgarterin in den 15-köpfigen Premierenkader der deutschen Nationalmannschaft für Lacrosse-Sixes berufen. Das erste Turnier hat das neu zusammengestellte Team Ende Februar in Portugal erfolgreich hinter sich gebracht. Erst im Halbfinale wurden Berg und Co. von den im klassischen Feld-Lacrosse dominierenden Engländerinnen gestoppt.
„Es hat sich gut angefühlt. Wir sind als Mannschaft gleich zu einer verschworenen Einheit zusammengewachsen. Mit mehr Spielen und mehr Erfahrung können wir da einiges erreichen“, sagt die Wahl-Stuttgarterin, die bereits in der Hauptvariante mit zehn Spielerinnen mehrere Nationalehrgänge absolviert hat, zu einem großen internationalen Turnier aber noch nicht eingeladen war. Auf eine Bewährungsprobe bei einer Welt- oder Europameisterschaft wird sie freilich auch mit dem Sechserteam noch etwas warten müssen. Die Terminierung für die nächsten Jahre steht noch aus. Und bei den World Games, den Weltspielen der nicht-olympischen Sportarten im Juli im US-amerikanischen Birmingham, sind nur die deutschen Männer dabei.
„Die ersten zehn der letzten Lacrosse-WM sind qualifiziert, und da waren unsere deutschen Frauen leider nicht darunter“, sagt Berg, die sich mit ihren Kolleginnen aber an Ostern bei einem Nationalmannschaftslehrgang in Nürnberg trifft und sich dann auch im Mai in Dresden bei der so genannten „Lacrosse Convention“ präsentieren darf, bei der sich Spieler, Trainer, Fans und Medienvertreter aus der ganzen Welt zum Austausch treffen.
Zuvor aber stehen für die ehemalige deutsche Juniorenmeisterin im Tanzsport, die in Mühlheim an der Ruhr aufgewachsen ist und die während ihres Studiums erstmals mit Lacrosse konfrontiert wurde, heiße Wochen mit dem Bundesliga-Team von der Waldau auf dem Programm. Die 29-Jährige ist bei ihrem Verein Leistungsträgerin, dazu eine von drei Kapitäninnen, die sich momentan mangels eines festen Trainers das Amt der Spielertrainerin teilen. Darüber hinaus fungiert Berg als Nachwuchscoach und Schiedsrichterin in der Bundesliga. „Demnächst werde ich an meiner Schule auch noch eine Lacrosse-AG einrichten und Schülerinnen mit ins Training zum ABV nehmen. Leider hat die fast zweijährige Spielpause durch Corona speziell im weiblichen Bereich einen Schwund bewirkt. Das müssen wir jetzt wieder aufholen“, sagt Jana Berg.