In Nordamerika spielte man früher Lacrosse, um Streitigkeiten zwischen Stämmen beizulegen. In Stuttgart sind die meisten Spieler über den Unisport zum Bundesligisten ABV gekommen.
Stuttgart. Sie rennen mit Helm, Schulterpanzer, Ellenbogenschützern und dicken Handschuhen über den Kunstrasen. In den Händen tragen sie lange Schläger mit Fangnetzen, und spielen sich so die Bälle zu. Schnell geht das, aus vollem Lauf. Da braucht der Fänger viel Geschick, um das Geschoss zu erwischen, ein paar Schritte mitzunehmen und den Ball anschließend ebenso kräftig einem anderen Mitspieler zuzuschleudern. Die Verteidiger versuchen, das schnelle Passspiel zu stören. Lacrosse, das ist dynamisch und manchmal auch spektakulär.
Das sehen auch die wenigen Zuschauer, die am vergangenen Wochenende auf der Waldau am Platz des ABV Stuttgart vorbeigegangen und dann doch einige Minuten stehen geblieben sind, um den Protagonisten zuzuschauen. Der ABV richtete an zwei Tagen die Play-offs der Bundesliga der Männer aus, und die Spieler des Gastgebers waren mittendrin. Angefeuert von der Frauenmannschaft kamen die Stuttgarter im ersten Spiel zu einem deutlichen 13:5 (3:2, 5:1, 2:1,3:1) gegen den VfL 05 Aachen. Und auch das zweite Spiel am Sonntag gewannen der ABV gegen KKHT Schwarz-Weiß Köln, wenn auch diesmal deutlich knapper mit 10:8 (1:1, 4:2,3:2,2:3). Damit ist die Mannschaft von Spielertrainer Alex Frey für das Finale um die deutsche Meisterschaft, die am 22. und 23. Juni in Düsseldorf ausgetragen wird, qualifiziert. Frey war natürlich zufrieden mit seiner Formation. „In der Hinrunde musste wir noch zwei Niederlagen hinnehmen und haben dann aber in der Rückserie gegen unsere Dauerrivalen aus München und auch gegen Erlangen gewonnen“, sagt Alex Frey.
Seit 2003 ist der 37-Jährige beim ABV Stuttgart und wie so viele über den Unisport dazugekommen. Er ist der Oldie im Team, der jüngste Spieler ist gerade mal 17 Jahre alt. Beim Lacrosse wird jeder Spielertyp gebraucht. Von Vorteil ist, wenn man bereits einen Mannschaftssport wie Basketball, Hockey, Handball, aber auch Fußball gemacht hat. „Die Nachwuchsabteilung nimmt Spieler ab zwölf Jahren und jeder ist bei uns willkommen“, sagt der Coach, der bei den Playoffs an der Seitenlinie zudem von Assistenztrainer Eric Guy unterstützt wird.
Was aber macht für ihn diesen Sport aus? „Es ist sehr dynamisch, körperbetont, sehr intensiv – aber es gibt auch klare Regeln“, sagt Frey. Unter Druck muss man schnell die richtige Entscheidung treffen und natürlich ist Lacrosse auch taktisch geprägt. Neulinge müssen sich vor allem an die Hand-Augen-Koordination gewöhnen. Es ist ein richtiger Männersport, bei dem es auch mal hart zu Sache geht. Auch das Checken, also das Umrennen von Gegnern, ist Teil des Sports. Wer es mit dem Körperkontakt übertreibt, landet für 60 Sekunden auf der Strafbank.
Wenn ein Stürmer auf das gegnerische Tor zuläuft, schirmt er den Ball mit seinem Körper und schnellen Schlägerbewegungen gegen die Verteidiger ab. Eine Körpertäuschung rechts, dann links am Verteidiger vorbei, noch zwei Schritte näher ans Tor - und der Ball saust am Torwart vorbei ins Netz. Von der Spielart ähnelt Lacrosse dem Feldhockey. Die Tore sind ins Spielfeld eingerückt und dürfen von den Spielern umlaufen werden.
Den Ball tragen die Spieler im Netz des Schlägers. Schutzkleidung ist für die Männer unbedingt nötig, da beim Lacrosse voller Körpereinsatz erlaubt ist.
Entstanden ist die Sportart in Nordamerika. Dort spielten bereits die indianischen Ureinwohner Lacrosse, um Streitigkeiten zwischen Stämmen beizulegen. Sie nannten das Spiel Baggataway, den kleinen Bruder des Krieges. Anfang der 1990er Jahre kam Lacrosse nach Deutschland. Einige Schüler hatten die Sportart während ihres Austauschjahres an den Highschools der USA kennengelernt und nach ihrer Rückkehr die ersten deutschen Teams gegründet. Aber auch der Goalie ist wichtig. Stuttgarts Keeper Philipp Werfs trägt einen goldenen Helm und ist der Rückhalt des Teams. Er zählt ebenso zum erweiterten Kreis der Nationalmannschaft wie Johannes Dahlheim. Auf die beiden wird es besonders ankommen in knapp zwei Wochen bei dem großen Showdown in Düsseldorf.