Vereinsheim – das Wort stand lange für tendenziell biedere Küche und ebensolches Mobiliar. Michael Franke, der auch schon als Wirt auf dem Stuttgarter Weindorf war, hat in dem Gebäude des Allgemeinen Bildungsvereins (ABV) in Degerloch – mit jeweils 120 Plätzen im Innen- und Außenbereich – trotzdem einen Neustart gewagt. Der ABV ist darüber erleichtert, hatte es doch mit dem vorigen Pächter Ärger gegeben. Der erfahrene Gastronom, vielseitig engagiert, betont: „Ich konzentriere mich voll auf das Objekt.“ Das merkt man auf den ersten Blick: klare Linien in der Einrichtung, schicke Theke, ansprechende Terrasse.
Franke, der mit in der Küche steht, setzt den Schwerpunkt auf schwäbische Klassiker, weil er hier Nachholbedarf auf der Waldau sah: „Hier oben muss man deutsche Küche suchen.“ Er ergänzt die Karte mit mediterranen und saisonalen Speisen. Passend dazu kommen die Weine aus Untertürkheim (Warth und Wöhrwag) und Italien.
Fein-fruchtig und alles andere als fad: die gebratenen Garnelen in Kirschtomatensugo (14,90 Euro) als Vorspeise. Wir tunken das Brot tief in die Soße. Aromenreich ist auch der gebackene Schafskäse mit Tomaten, roten Zwiebeln und Knoblauch (8,90 Euro).
Die schwäbischen Leibspeisen (Kässpätzle: 15,90 Euro, Maultaschen mit Kartoffelsalat: 16,90 Euro, Schwäbischer Zwiebelrostbraten mit Spätzle oder Bratkartoffeln: 29,50 Euro) kann man auch zusammen als Schwabenplatte Ferdinand (29,50 Euro) bestellen. Der zarte Rostbraten ist perfekt gegart, die Maultaschen sind angenehm würzig und saftig. Auch die Kässpätzle munden, sie dürften aber noch mehr Röstaromen haben.
Einen nachhaltigen kulinarischen Eindruck hinterlassen die Ochsenbäckle mit Trollingersoße, Butterspätzle und gebratenem Gemüse (29,50): Die Bäckchen sind butterweich, die Soße ist eine Wucht! „Die Soße wird drei Tage lang gekocht und reduziert“, sagt Franke. Das Fleisch bezieht er bei Metzger Röckle in Köngen. Bei dem kauft der Wirt auch das Wild, das er in der Vorweihnachtszeit anbieten will. Einziges kleines Missgeschick des Abends: Die Spätzle sind versalzen. „Da hat wohl jemand versehentlich noch mal gesalzt“, bedauert Franke.
Weil die Kundschaft aus dem sportlichen Umfeld allein das Geschäft nicht trägt, lockt Franke Gäste mit Veranstaltungen, etwa mit „Live im Ferdinand“ jeden ersten Freitag im Monat. Dienstags ist Maultaschentag, da wird die Spezialität geröstet, paniert, überbacken oder geschmälzt serviert (mit Salat und Espresso, Eis oder einem Williams 15,90 Euro). Und beim Schnitzeltag am Donnerstag stehen Variationen vom Schweinerücken (mit Salat ab 17,90 Euro) auf der Karte.
Ferdinand, Guts-Muths-Weg 10, Stuttgart, 07 11 / 34 08 69 00. Geöffnet montags, dienstags, donnerstags, freitags 16.30 bis 22.30 Uhr, samstags 11.30 bis 22.30 Uhr (Küche jeweils bis 21.30 Uhr), sonntags 11.30 bis 21.30 Uhr (Küche bis 20.30 Uhr).
www.ferdinand-restaurant.de
Essen | : | **** |
Service | : | *** |
Atmosphäre | : | **** |
Legende : | ||
***** = herausragend, ****= überdurchschnittlich, *** = gut, **= Luft nach oben, * = viel zu verbessern |